Schwarzweiß

"Sometimes I think I was either born too early or too late for my life."
 The Shape of Water


Ich kann mich gut erinnern, wie vor mittlerweile einigen Jahren, unser Chemielehrer zu uns sagte:
„Ihr seid nicht für diese Zeit geboren.“

Leise klingen diese Worte noch immer nach, in meinem Kopf, und der Geschmack danach, der bleibt etwas bitter. In der falschen Zeit geboren, hinein in eine Welt, die uns so fremd, so undurchschaubar, so unausstehlich hässlich bleibt, an vielen Tagen und manchmal so wunderbar

- und so authentisch, so schmerzhaft.


Man hat uns niemals die Möglichkeit, eine Wahl gegeben, wir haben nie für oder gegen das hier sein entschieden, haben nie gelernt, wie man umzugehen hat, mit dem Gefühl, nicht richtig zu sein, im falschen Kapitel zu stehen, den Zug verpasst, sitzen auf dem falschen Platz, das Warten, 
ein Fragen, immerzu, wo ist denn nun dieses Leben und wo gehört man eigentlich dazu?

In eine Welt geboren, nie alleine aber immer irgendwie einsam. Umgeben von Kälte, sind wir auf der Suche, nach etwas das uns warm macht. Nach ein paar Armen die uns zwischendurch mal kurz festhalten, wenn die Beine schwer werden und auf der Suche nach ein paar Worten, die uns einfach mal nichts fragen, ein paar Augenblicke, in denen wir die Füße auf dem Boden und den Blick nach vorne haben.
Nie etwas gefunden, aber immer irgendwie etwas verloren. Immer gefragt, wo das Zuhause ist, von dem jeder so sprach, und ob ankommen wichtig ist, sich irgendwo angekommen zu fühlen ob das etwas Erstrebenswertes ist. Wenn zu Hause kein Ort ist, hören wir dann jemals auf, danach zu suchen?
Aber weitermachen, und immer wieder auffallen, immer wieder rausfallen, immer tiefer hinein in den Kreislauf, immer wieder hinfallen.

„Wie halte ich dich, wenn ich nicht weiß wie ich mich zu halten habe, wie tief lass ich dich rein, ohne zu wissen, ob du einer von denen bist, der wirklich mal bleibt?“ 
Ob du vielleicht mal bleibst. Oder bin ich es, die geht? Kann irgendjemand verstehen, was in diesem Leben, so verdammt schiefläuft, warum außer dem Horizont, nichts in einfachen Bahnen verläuft?
Warum schreibe ich seit Jahren die gleichen Worte und warum lerne ich nichts daraus, warum holt mich nachts die Verzweiflung ein, warum kann ich nicht auch, einfach mal glücklich sein, einfach mal einfach, einfach mal am richtigen Ort, zur richtigen Zeit?

„Ihr seid nicht für diese Zeit geboren.“ 
Vielleicht sind wir deshalb so verloren, in einer Welt, in die wir einfach nicht gehören. Vielleicht halten wir uns selbst gefangen, wir sind so sehr befangen, begreifen nicht, dass es nichts zu greifen gibt. Wir erwarten von uns mehr, als wir in uns haben und ertragen mehr, als gut für uns ist. 
Wir wollten doch gehen, schon an so vielen Tagen, aber irgendwas hält uns fest im Leben. Wir haben aufgehört uns dagegen zu wehren, an den meisten Tagen und erinnern uns zu selten, an die guten Erinnerungen, die wir in uns tragen. An all die guten Tage, die uns doch immer wieder sagen, das wir hier sind, wo wir sein müssen, das wir hingehören, wo wir sind, das wir gehen, wann immer wir wollen und soweit wir können.

Die Zeit ist nicht für uns gemacht, aber Zeit ist doch genaugenommen auch nur ein Wort. In ihr stehen zu bleiben, bringt uns zu nichts zurück und es bringt uns nirgendwohin.

Diese Welt wird uns fremd bleiben, wir werden jeden Tag ihre Grimassen ertragen, ihre Launen, ihre hellen Momente. Sie wird so hässlich bleiben, an den meisten Tagen, doch wir könnten anfangen, uns auf ihr zu bewegen, zwischendurch mal einfach akzeptieren, das diese Zeit, in der wir leben, ein Teil davon ist. Nichts mit großer Bedeutung für sie, und das nur wichtig ist, was von Bedeutung für uns ist. 

Alles dreht sich weiter und die Schwerkraft hält uns fest. Vielleicht sollten wir die großartigen Momente festhalten, auf Schwarzweiß Film und sie uns immer mal wieder ansehen, wenn wir uns fragen, wohin wir gehören. 
 

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